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Im Schwarzwald ist nach der Fasnacht vor der Fasnacht: Elzach, Rottweil, Villingen, Endingen sind nur einige Hochburgen der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Hier zeigt sich gelebtes Brauchtum in einer bunten Vielfalt.

Fasnetrufer, lizensiert bei Adobe Stock
Fasnetrufer

Grimmige Fratzen unter einem Dreispitz mit Schneckenhäusern, rotes Flecklehäs und die „Saubloder“ am Stecken – zum tam-taaaam, tam-taaam, tamtamtatatamtatatatam der Stadtmusik hüpfen Hunderte Furcht einflößende „Schuddige“ durch Elzachs Hauptstraße, klatschen die aufgeblasene Schweinsblasen in die Zuschauermenge. Der „Schuddig-Umzug“ ist ein Höhepunkt der schwäbisch-alemannischen Fasnet im Schwarzwald.

Offizieller Auftakt für die zahlreichen Narrentreffen und gegenseitigen Besuche der Zünfte ist der 6. Januar. Am Dreikönigstag wird das „Häs“ abgestaubt. Wer also in einem Schwarzwälder Dorf statt des Dreikönigssingens schon schräge Guggemusik hört, muss nicht an seinem Gehör zweifeln. So richtig hoch her geht es aber erst ab dem „Schmutzigen Dunnschtig“, dem Donnerstag vor Aschermittwoch. Wenn die Fasnacht am Aschermittwoch dann „begraben“ wird, fiebern die Narren bereits der nächsten entgegen, gemäß dem Motto: „`s goht degege“.

Rathäuser werden gestürmt, in den Städten und Dörfern ziehen die Hexen, Hansele und Spättlenarros durch Straßen, in den Kneipen trifft man sich sieben Tage lang zum „Schnurre und Schnaige“. Wer die schwäbisch-alemannische Fasnet im Schwarzwald authentisch erleben will, hat dazu in vielen zwischen Renchtal im Norden und der Schweizer Grenze im Süden Gelegenheit. Egal wie kalt der Winter sein mag – Tanzen, Wurst, Glühwein, Gedrängel am Straßenrand halten warm.

Virtuoses Schlagen mit Holzplättchen

In Gengenbach, Haslach und Waldkirch gibt es noch die Klepperlesbuben. In Gengenbach wetteifern am Samstagnachmittag die „Klepperlesbuben“ zwischen drei und 80 im Spiel mit den hölzernen Plättchen. Aus dem Handgelenk werden sie zu einer einfachen Melodie mehr oder weniger virtuos hart aneinander geschlagen. Die Zuschauer an den Biertischen im Gewölbekeller feuern die Spieler immer wieder zum harten rhythmischen Klappern an.

Narrensprung in Rottweil

Einer der größten und faszinierendsten und buntesten Umzüge der Fasnet ist am Fasnachtsmontag der „Narrensprung“ in Rottweil, der ältesten Stadt am Ostrand des Schwarzwaldes. Schon um 7 Uhr morgens sammeln sich die Schaulustigen am Rand der Hauptstraße unterhalb des „Schwarzen Tors“. Punkt acht beginnen dort mehr als 3000 Federehannes, Schantle, Gschellnarren und der Guller ihren Umzug durch die Fachwerkstadt. Nicht nur die eingängige Melodie des „Rottweiler Narrenmarschs“ bleiben lange im Gedächtnis hängen, auch die ständigen „Hu-hu-hu“-Rufe der Federehannes, die mit kleinen Pelzstückchen an langen Stecken die (weiblichen) Zuschauer kitzeln, klingen noch lange nach.

Ehrwürdige Fasnet in Villingen

Die Narros von Villingen gelten als die Aristokraten der schwäbisch alemannischen Fastnacht. Ihr weißes Narrenkleid ist mit Frühlings- und Blumenornamenten geschmückt, sie tragen eine weiße Halskrause und ein hölzernes Schwert. Bis zu 20 Kilogramm schwer sind die Bronzeschellen, die sich über Brust und Rücken kreuzen. Schon weil dieses Gewicht nur kleine Hopser zulässt, wirkt der Villinger Umzug am Montag bedächtiger. Dazu trägt auch die „Scheme“ bei – eine Holzmaske mit glatten, höfisch anmutenden Gesichtszügen unter Schillerlocken.

Teufel gegen Hexen: Die Löffinger Walpurgisnacht

Es ist schon dunkel, die Kälte des Winterabends dringt durch die Kleider. Viele hundert Schaulustige stehen am Fasnachtsmontag in dem kleinen Schwarzwaldstädtchen erwartungsvoll auf dem Marktplatz. Ein mächtiges Feuer lodert auf der Bühne mitten in Löffingen, die Stadtmusik spielt auf. Gut 20 Löffinger Hexen mit selbst geschnitzten Holzmasken, gelber Schürze, dunkelgrünem Kittel, rotem Halstuch, Strohschuhen und roten Handschuhen sammeln sich zur „Walpurgisnacht“ um das Feuer.

Der Name führt zwar etwas in die Irre, denn anderenorts wird Walpurgis in der Nacht zum 1. Mai gefeiert. Doch in Löffingen müssen die Hexen dem Teufel erst mal das Recht abtrotzen, ihre Fasnacht feiern zu dürfen. Denn Belzebub hasst Geselligkeit und Fröhlichkeit und will ihnen das närrische Treiben verbieten. Aber ein Geist vermittelt: „.. Muss Dir Herr von Teufel zerstreuen jeden Zweifel, Dir sagen, dass es wahr, dass an die 1000 Jahr hier in dieser Stadt, die Fasnacht Heimstatt hat.“ Der Teufel gibt nach: „Bis zum Mittwochmorgen könnt ihr ohne Sorgen euch dieser Fasnacht freuen“. Die Löffinger lassen sich das nicht zwei Mal sagen: „Singet, spielt und lacht, bis dass die Bude kracht. Es ist doch sonnenklar, dass wer ein Narr nie war, der bleibt ein ekliger Gesell, den tanzen wir jetzt in die Höll“.

Seit mehr als 70 Jahren wird am Fasnachtsmontag das Spektakel aufgeführt. Leo Ratzer aus Löffingen hatte um 1920 das Schauspiel geschrieben. Die Löffinger Stadtmusik intoniert dazu live die Musik von Prof. Dr. Hermann Regner. Und so ist die die Löffinger Fasnachtsinszenierung einzigartig im Schwarzwald. Nirgends sonst gehört ein solches Theaterstück zum Narrentreiben. Beendet wird das Ringen zwischen Hexen und Teufel mit einem prächtigen Feuerwerk. Danach geht die Fasnet in den Kneipen rund um den Marktplatz weiter.

Narren auf Tuchfühlung: Fasnetsmuseen

Wer die „Häs“ und die Masken der verschiedenen Schwarzwälder Zünfte aus der Nähe betrachten will, der findet dazu auch außerhalb der Fasnachtszeit in einem der Schwarzwälder Narrenmuseen reichlich Gelegenheit. Die ganze Vielfalt der schwäbisch-alemannischen Fastnacht vermittelt der „Narrenschopf“ in Bad Dürrheim. Kleinere Narrenmuseen sind der „Niggelturm“ in Gengenbach, die „Oberrheinische Narrenschau“ in Kenzingen und die „Schloss-Narrenstuben“ in Bonndorf.